Mit ihrer heutigen E-Mail an Annalena Baerbock informierte die Arbeitsgruppe Anerkennung – Gegen Genozid, für Völkerverständigung (AGA) e.V. die Außenministerin über das völkerrechtliche Expertengutachten von Luis Moreno Ocampo (7. August 2023) und dessen Aussage, dass die aserbaidschanische Blockade gegen Arzach den Straftatbestand des Genozids erfüllt. AGA e.V. forderte Frau Baerbock auf, sich für „wirksame Sanktionen“ gegen Aserbaidschan einzusetzen:

Sehr geehrte Frau Ministerin,

in der Anlage übersende ich das völkerrechtliche Gutachten von Luis Moreno Ocampo (2003-2012 erster Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs). Er bestätigt, was seit August vorigen Jahres nationale und internationalen Organisationen von Genozidforschenden betonen: dass die armenische Bevölkerung Berg-Karabachs/Arzachs genozidal bedroht ist, insbesondere angesichts der nun mehr achtmonatigen Blockade der Region. Der Präsident der Republik Arzach bezeichnet die Lage als „Genozid in einem großen Konzentrationslager“.

Die Blockade der fast ausschließlich von ethnischen Armeniern bewohnten Region Arzach hat für alle der etwa 120.000 Einwohner existentiell bedrohliche Folgen, insbesondere aber für Kleinstkinder, Schwangere, alte Menschen und chronisch Kranke. Für die zweitausend Babys unter einem Jahr alt steht keine Babynahrung mehr zur Verfügung. Die Zahl der Früh- und Fehlgeburten hat sich verdreifacht, alle Schwangeren leiden unter Anämie. Durch die Blockade ist nicht nur die Versorgung mit Lebensmitteln, Medikamenten und Treibstoff beendet worden. Sie hat auch zahlreiche Einwohner in den wirtschaftlichen Ruin getrieben, zumal Aserbaidschan die Zufuhr von Gas und Strom aus Armenien nach Arzach immer wieder und oft über Wochen unterbrochen hat. Das führte unter anderem zum Ruin zahlreicher Unternehmen und Handwerksbetriebe in Arzach. Seit Mitte Juli musste der öffentliche Personennahverkehr eingestellt werden, was die Versorgung der Menschen zusätzlich erschwert. Arzneien und Grundnahrungsmittel fehlen.

Im Namen der Menschenrechtsorganisation Arbeitsgruppe Anerkennung – Gegen Genozid, für Völkerverständigung e.V. habe ich am 22. November 2022 sowie am 7. Januar an Sie appelliert. Leider erhielten wir von Ihnen oder Ihrer Behörde nie eine Antwort.

Angesichts der nun auch von einem völkerrechtlichen Experten ausgesprochenen Feststellung, dass es sich bei der aserbaidschanischen Blockade Arzachs um Genozid handelt, möchten wir nochmals an Sie appellieren:

Setzen Sie sich bitte für wirksame Sanktionen gegen den Blockade Aserbaidschans ein und tragen Sie dazu bei, dass die Anordnung des Internationalen Gerichtshofs vom 22. Februar 2023 zur Aufhebung der Blockade umgesetzt wird. Gerade als feministisch orientierte Außenministerin darf Ihnen das Schicksal der Frauen und Kinder in dieser Region nicht gleichgültig sein. Und als deutsche Außenministerin sollten Sie nicht untätig zuschauen, wie erneut an Armeniern Völkermord verübt wird.

In Erwartung Ihrer Antwort verbleibe ich

Mit freundlichen Grüßen

Dr. phil. Tessa Hofmann

Vorstandsvorsitzende

Moreno-Ocampo_Expert Opinion_Genocide_Artsakh_07082023